Das Onsernonetal ist ein wirklich abgeschiedenes Tal, welches westlich des weitaus bekannteren Valle Maggia liegt. Aber natürlich ist es mit einem PostAuto erschlossen. Start dieser kurvenreichen Linie ist Locarno. Zuerst führt die Fahrt gemächlich durch die Maggia Ebene nach Intragna. Nun biegt der Bergbus ins Valle Onsernone ein. Die kurvige Strasse schlängelt sich nun an der Bergflanke entlang in das Tal hinein. Unterwegs führt die Fahrt immer wieder durch wunderschöne, typische Tessiner Dörfer. So kämpft sich der Linienbus bis zur Ortschaft Spruga, wo nicht nur die Strasse sondern auch diese Reise endet.
60.324, Locarno-Russo-Spruga
Locarno bildet den Ausgangspunkt von mehreren interessanten PostAuto-Linien. So zum Beispiel jene ins wildromantische Verzascatal (62.321) oder die ins abgelegene Onsernonetal. Um diese interessante und schweisstreibende Strecke dreht sich diese Reise. An schönen Wandertagen gehört es bereits zur Normalität, dass zwei Wagen eingesetzt werden müssen, um die vielen Ausflügler befördern zu können. Sobald die Anschlüsse von Bellinzona und der Deutschschweiz her abgenommen wurden, kann die rund 75 Minütige Reise beginnen.
Der Fahrplan sieht ganzjährig sechs Verbindungen nach Spruga vor, welche grossmehrheitlich im zwei Stundentakt verkehren. Der gesamte Verkehr wird heute in der Regel komplett niederflurig mit drei Hess Bergbussen K320 UB in einer 9,7 Meter Ausführung bewältigt, welche sich bestens auf der steilen und engen Bergstrasse bewährten. Doch zuerst führt die Reise auf der Hauptstrasse vom Bahnhof hinunter zur Piazza Grande. Über die Via della Pace kämpft sich das PostAuto durch den dichten Stadtverkehr zur Piazza Castello.
Die Reise führt nun durch die Quartiere von Locarno in Richtung Ascona. Das Fahrzeug der Post hält jedoch nur an den grösseren Stationen wo nur ein Zustieg erlaubt ist. Für den Ortsverkehr muss die FART-Buslinie 62.301 benützt werden. Wenig später überquert die Strasse die mächtige Maggia. Nun biegt der Linienbus von der Hauptstrasse, welche geradeaus weiter nach Ascona führt, ab und gelangt so nach Losone. Durch die flache Lage direkt an der Maggia sind in der Wohngemeinde auch etliche Handwerks-, Dienstleistungs- und Industriebetriebe angesiedelt.
Nachdem die grosse Kaserne, ein Golfplatz sowie der Campingplatz passiert wurden, geht es auf der Hauptstrasse rasant am linken Berghang entlang nach Golino. Nun kommt zum ersten Mal Bergfeeling auf. Das PostAuto schleicht die steile und mit mehreren Spitzkehren gespickte Strasse zur schmucken Ortschaft Intragna hoch. Schon von weitem ist die Pfarrkirche San Gottardo zu erkennen. Der 65 Meter hohe Kirchturm, genannt Campanile, ist übrigens der Höchste im ganzen Kanton. Der Hauptort des Kreises Melezza bildet weiter den Eingang zum Centovalli und Onsernone Tal.
Die Ortschaft wird nur mit einem Halt an der Hauptstrasse bedient, da sie auch mit der Cantovalli-Bahn (620) ab Locarno und Domodossola erschlossen ist. Unterhalb des Ortes überquert sowohl die Eisenbahn wie auch die Fahrstrasse mit einem 82 Meter hohen Viadukt den Isorno Fluss und gelangt so auf die anderer Talseite. Auf dieser verkehrt der Linienbus zurück bis zur Ortschaft Cavigliano. Nun biegt der Linienbus auf die schmale Bergpoststrasse, welche ins Valle Onsernone führt, ab. Endlich hat der Bergbus sein Hoheitsgebiet erreicht und kann all seine Vorzüge ausspielen.
Die schmale Route sucht sich ihren Weg an der rechten Talflanke hoch. Dabei ergibt sich zu Beginn noch ein letzter Blick hinunter in die Maggia Ebene und zum Lago Maggiore. Wenig später biegt man dann richtig in das Onsernone Tal ein. Die kurvenreiche Strasse führt zum Weiler Cresmino. Von hier führt eine kleine Seilbahn zur Ortschaft Vosa, die sich auf der gegenüberliegenden Talseite befindet und ansonsten nur zu Fuss erreichbar ist. Die Reise führt nun, stets ansteigend, immer weiter ins Tal hinein. Unterwegs überspannen zahlreiche Brücken kleine Seitentäler und Flüsse.
Nach rund 40 Minuten Fahrzeit erreicht das Fahrzeug der Post die erste Ortschaft im Onsernonetal, Auressio. Bei der Piazza, welche nicht viel anderes als eine gut ausgebaute Ausweichstelle ist, befindet sich auch das Tourismusbüro. Ohne viel Zeit zu verlieren tuckert das PostAuto weiter zur nächsten Ortschaft. Die Dorfdurchfahrt von Loco hat sich seit dem Bau der Fahrstrasse kaum verändert. Dementsprechend bleibt nicht viel Platz zwischen Rückspiegel und Hauswand und ein Kreuzen ist hier unmöglich. Loco ist auch Ausgangspunkt einer herrlichen Wanderung,
welche auf dem alten Säumerpfad bis nach Intragna führt. Dieser Maultierpfad war lange Zeit die einzige Verbindung ins Valle Onsernone, denn eine Fahrstrasse wurde erst zwischen 1898 und 1900 erstellt. Nachdem hier einige Wander ausgestiegen sind, kann es weiter gehen. Immer wieder kann man am Wegrand die eine oder andere Wassermühle entdecken. Ende des 19. Jahrhunderts waren es 27 an der Zahl, welche für die Einwohner des abgeschiedenen Tales eine wichtige Arbeitsquelle darstellten. Heute sind nur noch die wenigsten betriebsfähig.
Das PostAuto schleicht nun auf er kurvigen Strasse nach Berzona. Auch diese Ortschaft liegt hoch oben am Nordhang und ist dementsprechend stark von der Sonne verwöhnt. Sogar während den Wintermonaten zählen die Dörfer bis zu sieben Stunden Sonnenschein. Aus diesem Grund und nicht zuletzt wegen der Abgeschiedenheit zogen immer wieder bekannte Künstler und Schriftsteller ins Tal. Besonders Berzona hat sich zu einem kleinen Künstlerdorf entwickelt. Dennoch können die wenigen hundert Einwohner, die das Tal das ganze Jahr über bevölkern, die PostAuto Linie kaum am Leben erhalten.
So zählen die Ruhe suchenden Touristen und Wandere zu einem wichtigen Bestandteil des Passagieraufkommens. Nur ein paar Kurven weiter liegt bereits das nächste Dörfchen, Mosogno. Auch dieser Dorfkern ist geprägt von zahlreichen gut erhaltenen, typischen Tessiner Steinhäusern mit Holzterrassen. Das PostAuto schleicht nun auf der immer noch sehr kurvenreichen und schmalen Strasse, wo ein Kreuzen nur an den wenigen Ausweichstellen möglich ist, immer mehr ins Tal hinein. Schliesslich trifft der Bergbus im wunderschönen Dorf Russo ein.
Die Ortschaft kann man als "Hauptort" des Tals bezeichnen, auch wenn hier gerade einmal 100 Menschen wohnen. Russo ist auch Ausgangspunkt der PostAuto Linie nach Gresso–Vergeletto (Anschlusslinie 62.325). In den wunderschönen Arkaden der alten Bauten, wo sich auch ein kleines Restaurant befindet, lässt sich angenehm warten. Nach einer kurzen Pause nimmt der Linienbus die letzte Etappe in Angriff. Bis zum Endpunkt Spruga wartet jedoch immer noch eine gut 30 minütige Kurvenfahrt auf die Fahrgäste. Die Strasse sucht sich den Weg nach wie vor an der rechten Bergflanke entlang, welche nun in ein Seitental hineinführt.
Unterwegs führt die Reise durch die dichten Kastanienwälder, die praktisch das gesamte Tal bewalden. Bei der Ponte Oscuro zweigt die Strasse ins Valle Vergeletto ab, welches mit der obengenannten Linie 62.325 erschlossen ist. Nach dem Überqueren des Ribo Flusses gelangt der Bus auf die andere Seite. Anschliessend wird es richtig steil und die Strasse schmiegt sich mit mehreren Spitzkehren zur Ortschaft Crana hoch. Hier beweisen die Bergbusse einmal mehr, dass sie wahre Kraftpakete sind. Nach der engen Ortsdurchfahrt schlängelt sich die Fahrstrasse weiter nach Vocaglia.
Auf der ganzen Reise wird man vom imposanten Ausblick hinunter ins Tobel, wo der Isorno Fluss fliesst, begleitet. Wer also nicht ganz schwindelfrei ist, platziert sich auf der Hinfahrt lieber auf der Bergseite, also rechts. So gelangt der Linienbus über die kleine Ortschaft Vocaglia nach Corbella. Mittlerweile befindet man sich bereits 24 kurvenreiche Kilometer von Locarno entfernt. Durch die Abgeschiedenheit dieses wunderschönen Tales haben die Dörfer seit Jahrzehnten mit der Abwanderung zu kämpfen. Jedoch haben immer mehr Deutschschweizer Gefallen am Valle Onsernone gefunden und haben sich ein altes Rustico gekauft in dem sie ihre Ferien oder den Lebensabend verbringen.
Die zweit letzte Ortschaft ist Comologno. Anschliessend überwindet die Strasse ein letztes Mal einen Seitenfluss und dann ist es nach rund 75 Minuten geschafft, Spruga ist in Sicht. Noch eine letzte enge Dorfdurchfahrt und dann endet diese spektakuläre Reise auf dem in den steilen Berghang angebauten Wendeplatz. Hier, unmittelbar vor der italienischen Landesgrenze endet die Strasse im 50 Seelen Dorf. Für den Chauffeur und das PostAuto gibt es hier oben 1 1/4 Stunde Pause, welche sie redlich verdient haben. Also genügend Zeit um in der Beiz einzukehren und sich von den vielen Kurven zu erholen. Schliesslich geht es dann hoffentlich frisch gestärkt mit dem PostAuto wieder zurück nach Locarno.
Last Update: 12.11.2024
Zuletzt gereist: 25.03.2019